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Frank Goosen //

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No hope, no future

Meine aktuelle Kolumne, heute im Kicker:

Was sagt das über eine Gesellschaft aus, wenn schon die Kinder die Hoffnung verlieren? Neulich spielte mein Verein (der Name tut nichts zur Sache) gegen einen anderen (dessen Name auch egal ist, aber er ist im Ostwestfälischen heimisch). In der ersten Viertelstunde waren wir drückend überlegen, provozierten Ballverluste des Gegners am laufenden Band, spielten schnell nach vorne und kamen zu Möglichkeiten, die seit Beginn des Fußballjournalismus als „hochkarätig“ bezeichnet werden. Unwissende, sogenannte „neutrale“ Betrachter mussten vermutet, das am Ende weitere Reporterfloskeln stehen würden, nämlich jene vom „Kantersieg“, und dass diese drei Punkte „im Stile einer Spitzenmannschaft“ erspielt worden seien.
Optimismus, so lautet ein beliebtes Sprichwort, ist nur ein Mangel an Information, und da meine Kinder außergewöhnlich gut informiert sind, urteilte der Ältere (15): „Zur Halbzeit steht es eins zu null für die anderen.“ Keine Minute später fiel der Treffer für die Ostwestfalen. Es blieb der einzige im ganzen Spiel. Und der Thronfolger hatte es schon vorher gewusst, als habe er das zweite Gesicht. Nach dem Abpfiff sprach er noch: „Es ist keine Gabe, es ist ein Fluch.“ Und da der gegnerische Treffer mit der Brust erzielt wurde, fügte der Zweitgeborene hinzu: „Gegen uns müssen sie nichtmal FUSS-Ball spielen!“
Fatalismus ist der zweite Vorname vieler Fans. Vor Jahren bin ich mal fremd gegangen und besuchte das Heimspiel eines Vereins bei uns in der Gegend, den wir namentlich hier ebenfalls nicht erwähnen wollen. Kleiner Hinweis: Er spielt in einer großen Turnhalle. Dieser Verein hatte in den Wochen zuvor etwas gemacht, was meinem eigenen mittlerweile offenbar von einem Bundesgesetz verboten wurde: Er hatte vier Mal in Folge gewonnen. In dem Spiel, bei dem ich zugegen war, ging es gegen einen Club aus dem Rheinischen (aus der Stadt kommen auch viele Tabletten). In der neunten Minute fiel das 0:1 für die Pillendreher. Der Mann neben mir verschränkte die Arme und brummte: „Das war klar!“ Es waren noch 81 Minuten zu spielen, aber für meinen Sitznachbarn war die Begegnung gelaufen. Na gut, er sollte recht behalten, das Ding endete 1:2. Aber schon mal was von der berühmten sich selbst erfüllenden Prophezeiung gehört?
Weil mein Verein vor vierzig Jahren mal in einem Spiel gegen die Bayern 4:0 geführt, dann aber doch noch 5:6 verloren hat, kommen bei uns die Leute nicht einmal damit klar, wenn wir vorne liegen. Einmal führte unsere Mannschaft in einem ostdeutschen Stadion (die Stadt drumherum nennt man auch „Elbflorenz“) in der fünfundachtzigsten Minute mit 2:0. In meinem Fußballkeller, wo ich unsere Auswärtsspiele über einen HD-Beamer in zum Teil schmerzhafter Deutlichkeit zusammen mit Mitgliedern meines Freundeskreises, der sich längst Selbsthilfegruppe nennt, verfolge, war die gängige Haltung: „Ein Punkt ist drin!“ Tatsächlich haben wir dann 3:0 gewonnen, aber mein Kumpel Scotty meinte nur: „Dafür gibt es dann halt nächstes Mal wieder aufs Maul.“
Vielleicht muss man es so sehen: Als Anhänger eines Vereins wie dem meinigen kann man auch mit über Fünfzig noch Punk sein: No Hope, no Future, wo man hinguckt. Und das geben wir dann an die Kinder weiter.

Tagsüber im Osten meist sonnig

Aus beruflichen Gründen habe ich mir neulich die Tagesthemen-Ausgabe vom 9.11.1989 angeguckt. Bisher hatte ich immer nur die ersten Minuten in Erinnerung, in denen Hajo Friedrichs im karierten Jacket und mit rollendem r sagt: „Die Tore in der Mauer stehen weit offen.“ Jetzt habe ich mir mal die ganze Sendung angesehen. War in jeder Hinsicht ein epochaler Abend. So hat der FC Bayern im Achtelfinale des DFB-Pokals 0:3 in Stuttgart verloren. Außerhalb von Stuttgart weiß das keiner mehr. Und Deng Xiao Ping hat an diesem Tag sein letztes Parteiamt in Peking aufgegeben.

Das beste war allerdings die Wettervorhersage für den 10.11.: „Tagsüber im Osten meist sonnig, im Tagesverlauf von Westen her Bewölkungszunahme.“ Also metaphorisch genau das, was dem Osten in den Jahren danach passiert ist. Würde ich das in einem Buch als Allegorie oder Metapher verwenden, würde meine Lektorin mir mal wieder auf die Finger hauen: zu gewollt, zu bemüht. Kann sie demnächst aber machen, ich habe diese Vorhersage nämlich in meinem nächsten Roman verwendet, wo der Mauerfall mal wieder vorkommen soll. Aber es stimmt schon: Die Wirklichkeit hat keine Ahnung, wie man eine Geschichte ordentlich erzählt.

Das erinnert an eine schöne Passage in Richard Powers' Roman „Der Klang der Zeit“, wo ein Physikprofessor seinem Sohn das Wesen der Zeit so erklärt: „Weißt du, was Zeit ist? Zeit heißt einfach nur, dass eine bescheuerte Sache nach der anderen passiert.“ Alles völlig unlektoriert, Spannungsbögen und Zusammenhänge Fehlanzeige. Da sollte man mal was gegen machen.

Check, one-two

Es hat zwar noch nie jemand gefragt, wie es vor einer Lesung beim Soundcheck aussieht, ich zeige es aber trotzdem mal. Und zwar im Waschhaus Potsdam. Hat so einen Hauch von Rockpalast 1981, finde ich. Undertones, Mink de Ville, Black Uhuru, Roger Chapman. 35 Jahre und eine Woche her. Ceck, one-two.

Hochladen in Bützow

Gestern noch mit Bärbel Schäfer in Bochum ein Interview zum Thema Langeweile und Nichtstun geführt, heute beides stundenlang erfahren bzw. praktiziert, auf der Fahrt nach Rostock nämlich, im IC der DB, vor allem, weil es da kein Wlan gibt und die meiste Zeit auch kein Mobilfunknetz, weshalb einen keiner anrufen und man selbst auch nicht rausrufen kann. Zum Zeitvertreib Selfie gemacht und erst nach dem auslösen festgestellt, dass ich da gar nicht drauf bin. Ist aber auch irgendwie ein Zeichen, deshalb kein neues gemacht, stattdessen den Tisch fotografiert, entweder mit einer ganz alten Kamera oder mit dem Handy und dann einen Filter drübergesemmelt, man kann ja niemandem mehr trauen, ist ja alles nicht mehr echt heute. Fürs Hochladen braucht man dann aber wieder Netz, das müsste es in Bützow geben, was mich an Buckow erinnert, den Gegenspieler von Leutnant Rotteck in der ZDF-Serie „Der Kurier der Kaiserin“ mit Klaus-Jürgen Wussow vor seiner Habil zu Prof. Binkamnn, und natürlich an Charly Hübner im „Polizeiruf 110“, der Ausgabe aus - na? Richtig: Rostock. Was ist das wieder für eine saubere Kreisschließerei! Und was das missglückte Selfie betrifft: Vielleicht bin ich ja doch drauf, auch wenn das jetzt keiner versteht.

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